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Fragen an Jan van Aken, MdB – Die Linke



Was halten Sie vom Hamburger Hundegesetz?

Es beruht auf unwissenschaftlichen Annahmen: Es gäbe Hunderassen, die für Menschen gefährlich sind. Grundlage hierfür sind halbherzig geführte Statistiken und dramatische Einzelfälle. In Niedersachsen oder Bremen zum Beispiel sind Hunderassen erlaubt, die in Hamburg verboten sind und umgekehrt. Außerdem werden Angaben über Beißvorfälle nicht seriös recherchiert. Das verfälscht die Aussagen. Die Hamburger Bürgerschaftsfraktion DIE LINKE hat deshalb im Dezember 2008 einen umfangreichen Vorschlag mit Änderungen zum Hundegesetz eingebracht. (Drucksache 19/1748) und war die einzige Partei, die dem Hundegesetz in seiner jetzigen Fassung nicht zugestimmt hat. Ihr Vorschlag fand jedoch keine Mehrheit.

Möchten Sie das Hamburger Hundegesetz an einigen Punkten ändern?

Auf jeden Fall, an mehreren Punkten:

Jeder Hund muss das Recht haben, nach einer erfolgreichen (wissenschaftlich korrekten d.Red.) Wesensprüfung wieder aus seinem Käfig herauszukommen. Es gibt keine grundsätzlich gefährlichen Hunderassen. Menschen, die Hartz IV erhalten, sollen von der Hundesteuer befreit werden. Rasselisten gehören abgeschafft. Beißvorfälle sollten sorgfältiger analysiert werden. Wir sind für das Recht auf eine umfassende Beratung bei Fachleuten, die vor der Entscheidung liegt, sich einen Hund anzuschaffen. Erst nach so einer Beratung soll es möglich sein, einen Hund anschaffen zu dürfen.

Wer bestimmt, welche Hunde gelistet werden?

Der Hamburger Senast. Die Hamburger Kriterien sind dabei völlig willkürlich.

In Niedersachsen muss bald jeder Hund ab 20 Kilo einen Maulkorb tragen. Kommt dieser Vorschlag auch bald in Hamburg?

Wir wären strikt dagegen.

In der Schweiz muss jeder Mensch laut Tierschutzgesetz vor der Anschaffung eines Hundes eine theoretische Prüfung ablegen. Hat er die Theorie bestanden, darf er sich einen Hund anschaffen und muss eine praktische Prüfung ablegen. Ist das Schweizer Modell nicht auch bei uns eher angebracht?

Wir haben zurzeit den sogenannten Hundeführerschein, as heißt die gesetzlich festgelegte Gehorsamsprüfung plus Wesenstest. Problematisch daran ist, dass die Gehorsamsprüfung zwar aufzeigt, wie sehr der Halter seinen Hund unter Kontrolle hat, aber er fragt weder Verantwortungsbewusstsein noch Fachwissen über Hundehaltung ab. Eine theoretische und praktische Ausbildung wie in der Schweiz dient in erster Linie der Auseinandersetzung mit der Entscheidung, sich einen Hund anschaffen zu wollen, das das vierstündige Theorieseminar vermittelt, welches die alltäglichen Bedürfnisse eines Hundes sind und welche Kosten entstehen. Das ebenfalls vorgeschriebene Praxistraining kommt inhaltlich unserem Hundeführerschein sehr nahe. Daher stehen wir für eine Kombination der Systeme, wie bereits unser Antrag in der Hamburgischen Bürgerschaft unter § 3 Abs. 3 es vorsah. Man muss sich letztlich auf ein Modell verständigen. Das Problem sind aber nicht die Wesenstests, sondern dass es Hunde gibt, die von vornherein nicht zum Wesenstest zugelassen werden, weil sie ihn laut Gesetzgeber nicht bestehen können.

Haben wir genügend Auslaufwiesen in Hamburg?

Die Auslaufwiesen sind ungleich auf das Stadtgebiet verteilt. Im Bezirk Eimsbüttel gibt es viel zu wenige, aber er ist auch am dichtesten besiedelt und auch der Bezirk ohne ein Naturschutzgebiet.. Wir wären dafür, dass es noch mehr Wiesen, Freizonen ohne Autos und Tempo 30-Zonen in der Stadt gibt, damit es insgesamt mehr Bewegungsfreiräume für Mensch und Tier gibt.

Was ist künftig für Hund und Halter in Hamburg verbesserungswürdig?

Es müssen bei der Bewertung von gefährlichen Hunden bundeseinheitliche und wissenschaftlich fundierte Standards gelten. Auf die SAGA GWG sollte eingewirkt werden, dass ein pauschales Tierhalteverbot aus den Mietverträgen wieder herausgenommen wird. Die Maßregelungen, die sich aus dem Hundegesetz ergeben, gehören umgehend wieder auf den Prüfstand. Hundesteuern sollten gestaffelt werden. Wer eine Hundeschule besucht, sollte weniger Steuern zahlen. Freilaufflächen müssen einheitlich gekennzeichnet werden. Hartz-IV-EmpfängerInnen soll die Hundesteuer erlassen werden. Tierheime brauchen mehr Zuwendungen, damit sie ausgebaut werden können und die Tierhaltung dort artgerechter möglich ist, als bislang.

Was ist Ihnen persönlich zum Thema Hund in Hamburg wichtig?

Mir wäre es wichtig, einen Ausgleich zwischen den verschiedenen Interessen zu schaffen, ohne einseitig zu werden. Wir brauchen Wiesen und Freilauf für Tiere, aber auch Wiesen ohne Hundekot zum Fußballspielen. Wir müssen die Angst vieler Kinder vor Hunden akzeptieren, ohne gleich Hunden ein Ausgehverbot zu erteilen. Und: Menschen, die sich einen Hund anschaffen, sollten erst einmal gründlich darüber nachdenken, ob das Tier zu einem passt und ob die Voraussetzungen für ein Hundeleben gegeben sind. Aber auf jeden Fall gilt für mich: Jemanden nur nach seinem Äußeren zu beurteilen, ist schon für Menschen unangemessen. Ebenso für ein Tier.

Sind(waren) Sie selbst Hundebesitzer? Sind in Ihren Parteiräumen Hunde erlaubt?

Bislang war ich noch kein Hundebesitzer. Als gelernter Botaniker bin ich doch eher den Pflanzen zugeneigt. Der einzige Hund meiner Kindheit war der alte Schäferhund meiner Großmutter. Ansonsten bin ich ohne Tiere aufgewachsen und habe ehrlich gesagt bis heute ein eher distanziertes Verhältnis zu Tieren – auch wenn sich das ank der Katzen, Kaninchen und anderer Nager, die wir durch unsere Kinder im Haushalt hatten und haben, allmählich ändert. Bei und in den Parteiräumen unserer Bürgerschaftsfraktion gilt, dass der Hund mitkommen darf. Sollte jedoch jemand Angst haben oder eine Allergie, müssen HundehalterInnen darauf Rücksicht nehmen und ihr Tier zuhause lassen.

Was tut Ihre Partei für den Tierschutz?

Wir haben bereits einen Anlauf unternommen, das Hamburger Hundegesetz zu ändern. Außerdem werden wir im September 2009 einen Antrag zum Verbandsklagerecht für Tierschutzvereine in die Hamburger Bürgerschaft einbringen, eine Forderung, die endlich breit öffentlich diskutiert werden sollte.



Der Hamburger Jan van Aken ist seit dem 27.September 2009 Abgeordneter für DIE LINKE im Bundestag und ist stellvertr. Fraktionsvorsitzender. Das Interview erschien in dem Magazin CITYDOG Nr.4/2009